November 2019

Vater und Sohn im attraktiven Vergleich

Kirchenchor St. Johannes der Täufer singt Kantate von Johann Sebastian und Magnificat von Carl Philipp Emanuel Bach

Lammerdorf Das Konzert des Kirchenchores St. Johannes der Täufer in Lammersdorf ist eine besondere Attraktion im musikalischen Kalender des Monschauer Landes. Auch in diesem Jahr wurden die zahlreichen Besucher nicht enttäuscht. Die Leiterin des Chores, Gabriele Scheidweiler-Pleines, hatte sich diesmal einen Vergleich zwischen Johann Sebastian Bach und seinem Sohn Carl Philipp Emanuel ausgedacht. So wurde eine der frühesten Kantaten des damals erst 22-jährigen Johann Sebastian mit einem Werk des Sohnes zusammengestellt.

Anrede an den Kaiser

Die Kantate „Gott ist mein König“, mit dem das Konzert begann, ist eine sogenannte Ratswahlkantate. Mit solchen Werken wurde in der damaligen Zeit jeweils ein neuer Stadtrat auch kirchlich in sein Amt eingeführt. Da Bach in der Freien Reichsstadt Mühlhausen angestellt war, die unmittelbar dem Kaiser unterstand, findet sich im Text der Kantate, neben allerhand anderen, heute teils befremdlich anmutenden Wendungen, auch eine Anrede an den damaligen Kaiser Joseph I..

Dem Anlass entsprechend, wendet Bach neben dem Chor ein Orchester mit Trompeten auf, das in Lammersdorf von einem recht versierten Ensemble mit dem Namen „Dreiländer-Kammerorchester“ bestritten wurde. Dabei ist in der Partitur auffällig, dass Bach gerade die beiden prachtvollen Chöre am Anfang und am Schluss mit einem halben Takt der Flöten im Pianissimo enden lässt, was den Zuhörer verblüfft – mit Hintersinn? „Glück, Heil und großer Sieg“ – wie die letzte Textzeile lautet – wird so möglicherweise etwas in Frage gestellt.

Sänger, Solisten und Orchester waren jedenfalls mit ganzem Herzen dabei. Die Leistung des Chores ist immer wieder bewundernswert. Von den fünf Gesangssolisten müssen vor allem die Damen hervorgehoben werden: Maria Eun-Ju Park (Sopran) und Núria Vinyals (Mezzosopran). Aber auch die Herren machten ihre Sache sehr gut: Marcel Oleniecki (Tenor), Chen Tan (Bariton) und Michael Krinner (Bassbariton).

Im zweiten Teil wurde das „Magnificat“ des Bach-Sohnes aufgeführt, das er im Jahre 1749, also noch zu Lebzeiten des Vaters, schuf. Beim Magnificat – es handelt sich dabei textlich um den Lobgesang der Maria aus dem ersten Kapitel des Lukasevangeliums – denkt der Musikliebhaber an das gleichnamige Werk des Vaters, das rund 20 Jahre vorher entstand. Und in der Tat meint man bei einigen Stellen des späteren Werks Anklänge an den Vater zu hören, so etwa in Nr. 6: „Deposuit“. Im Ganzen fällt auch bei Carl Philipp Emanuel die klangschöne und prächtige Vertonung eines Textes auf, dessen inhaltliche Tendenz möglicherweise in eine andere Richtung weist.

Tadellose Schlussfuge

Unabhängig davon ist aber die Interpretation auch dieses Werkes durch die Lammersdorfer Ausführenden aller Bewunderung wert. Hervorzuheben ist vor allem die tadellose Ausführung der recht schwierigen und langen Schlussfuge, die man einem Laienchor eigentlich gar nicht zutrauen würde. Man darf Gabriele Scheidweiler-Pleines auch nach diesem Konzert einmal mehr zu den Ergebnissen gratulieren, die sie in den vergangenen Jahren durch eine zielstrebige Entwicklungsarbeit mit ihrem Chor erreicht hat.

 

November 2017

Kirchenchor ist allen Wendungen gewachsen

Konzert in Lammersdorf mit Werken von John Rutter, darunter das „Magnificat“, ein großer Erfolg. Dirigentin, Solisten und Orchester überzeugen bei der gemäßigt moderner Musik des Engländers. Zuhörer begeistert.

Von Josef Schreier

 Lammersdorf. Die kirchenmusikalischen Aktivitäten des Lammersdorfer Kirchenchores unter der Leitung von Gabriele Scheidweiler-Pleines sind immer wieder erstaunlich. Die Dirigentin hat es in der Tat geschafft, aus dem Chor mittlerweile ein angesehenes Ensemble zu formen, das vor keiner Herausforderung zurückzuschrecken braucht. Diesmal hatte man sich einiger Werke eines der bekanntesten zeitgenössischen Komponisten für geistliche Musik angenommen, des Engländers John Rutter.

Allgemein bekannt wurde Rutter hierzulande sicher am meisten durch eine Komposition anlässlich der britischen Prinzenhochzeit im Jahre 2011. Eben dieses Werk – die Psalmenkompilation „This is the day“ – war auch Bestandteil des Lammersdorfer Konzerts. Hinzu kam die „Suite Lyrique“ für Harfe und Orchester sowie, als Hauptwerk, das große „Magnificat“ aus dem Jahre 1990.

Rutters Stil ist freilich nicht in dem Sinne herausfordernd, dass er in irgendeiner Weise avantgardistisch wäre. Er schließt sich der englischen Tradition einer gemäßigten Moderne (etwa nach Ralph Vaughan Williams) an, wobei er vielleicht noch eine Spur mehr ins Folkloristische oder gar Populäre tendiert. Das ist der Attraktivität und Beliebtheit seiner Werke naturgemäß keineswegs abträglich, man könnte allenfalls bemängeln, dass er in dieser Hinsicht des Guten manchmal zu viel tut. So hat die erwähnte „Suite Lyrique“ bei allem angenehmen Wohlklang einen ganz leichten Zug ins Kitschige.

Mit spürbarer Freude

 Die Ausführenden dieses Werks, mit dem der Abend in Lammersdorf begann, genossen aber das Ganze mit spürbarer Freude. Der Harfenpart wurde auf zwei Solistinnen aufgeteilt; man hörte das Lammersdorfer Jungtalent Lea Pleines sowie ihre Lehrerin, Renske Tjoelker, die sich das Werk satzweise aufteilten und nur im Schlusssatz zusammenwirkten. Alles ohne Fehl und Tadel; besonders zu erwähnen ist aber das außerordentlich abgerundete Zusammenspiel des Streichorchesters. Leider konnte man zu dem Orchester, das sich zum „Magnificat“ noch vergrößerte, dem Programmheft keinerlei Informationen entnehmen, was der besonderen Leistung der Musiker nicht gerecht wird.

Nach der erwähnten Psalmkomposition „This is the day“ gab es dann das „Magnificat“. Die Textgrundlage ist der Lobgesang Mariens aus dem Lukasevangelium, der schon von vielen Komponisten vertont wurde. Bei Rutter ist nicht recht ersichtlich, wieso der Komponist mit dem Bibeltext nicht zufrieden war, sondern noch ein längeres englisches Gedicht aus dem 15. Jahrhundert sowie einige liturgische Texte einfügte. Die Gefahr dabei ist, dass Struktur und Stringenz des Werks ein wenig aus den Fugen geraten; immerhin hat dies selbst Großmeister Bach gespürt, da er die erweiterte Frühfas-sung seines „Magnificat“ später auf den biblischen Originaltext reduzierte. Im vorliegenden Falle war es so, dass sich im Lauf des Konzerts gewisse Ermüdungserscheinungen zeigten, vielleicht sogar bei den Ausführenden selbst. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Lammersdorfer Interpretation des bedeutenden Werks, so wie es nun mal vorliegt, aller Bewunderung und Anerkennung wert ist.

Der Chor war allen Wendungen und Schwierigkeiten der Partitur gewachsen. Selbst die Tatsache, dass der weibliche Teil des Chors erheblich in der Überzahl ist, konnte das Gleichgewicht der Stimmen nicht beeinträchtigen; hier eine Ausgewogenheit zu erzielen, mag nicht der geringste Erfolg der Dirigentin gewesen sein. Bei einigen solistischen  Passagen konnte die Sopranistin Nuria Vinyals glänzen.

So endete dieses Konzert vor einer die Lammersdorfer Kirche bis auf den letzten Platz füllenden begeisterten Zuhörerschaft mit einem großen Erfolg und lässt auf weitere Unternehmungen der verdienten und kundigen Inspiratorin Gabriele Scheidweiler-Pleines hoffen.     (js)

 

Juni 2017

Lammersdorfer musizieren in Wittenberg
Fahrt des Kirchenchors St. Johannes der Täufer zu Reformationsjubiläumsfeier über Pfingsten

Lammersdorf. Der Kirchenchor St. Johannes der Täufer, Lammersdorf, hatte am 28. Mai zur öffentlichen Generalprobe für den Beitrag des Chores zum Festakt des Reformationsfests eingeladen. Zur großen Freude aller Teilnehmer erfolgte dann über Pfingsten die Fahrt in das beschauliche Städtchen Wittenberg, um die 500-Jahr-Feier der Reformation musikalisch mitzugestalten.

Quer durch Deutschland

Die Reise verlief quer durch Deutschland von West nach Ost. In Weimar wurde ein kurzer Zwischenstopp eingelegt, um die große Kulturstadt zu besichtigen.

Am Pfingstsonntag fuhr der Chor nach Wittenberg, um dort das Mittagsgebet unter der Leitung des Pfarrers Baltruweit auf dem Bunkerberg musikalisch zu unterstützen. Fritz Baltruweit ist derzeit einer der bedeutendsten Melodiker im Bereich „Neues geistliches Lied“. Danach ging es zum Marktplatz von Wittenberg. Dort gab es die Klang- und Stehprobe auf der vom Veranstalter mit sehr gutem akustischem Equipment ausgerüsteten Bühne vor dem Rathaus.

Und dann war der große Moment gekommen. Pünktlich um 14 Uhr begann das mehr als einstündige Konzert unter Leitung von Gabriele Scheidweiler-Pleines. Begleitet wurde der Chor am E-Piano von Birgit Röseler. Es wurden 17 Stücke verschiedenster Komponisten, neben anderen Rutter, Chilcott, Mendelsohn-Bartholdy und Händel, aus unterschiedlichen Epochen präsentiert. Trotz regnerischem Wetter waren auf dem Marktplatz viele aufmerksame Zuhörer versammelt. Wie bereits bei der Generalprobe in Lammersdorf sangen diese bei einigen Stücken begeistert mit, so dass ein schönes Gefühl der Gemeinsamkeit entstand. In dieser Kulisse singen zu können ließen Freude und Begeisterung aufkommen.

Im Anschluss hatte der Chor Zeit für die Besichtigung der Stadt Wittenberg. Nach der Rückfahrt ins Hotel verbrachte man noch einen gemütlichen Abend in großer Runde mit anregenden Gesprächen und Erfahrungsaustausch.

Förderverein unterstützt

Die Rückreise am Pfingstmontag wurde durch einen Aufenthalt im EGA-Park der Gartenbaustadt Erfurt unterbrochen. Auf der letzten Reiseetappe herrschte wie bereits auf der Hinfahrt eine lockere und fröhliche Stimmung. Diese Reise, die mit Mitteln des Fördervereins des Kirchenchores St. Johannes der Täufer Lammersdorf e.V. gefördert wurde, wird wohl keiner der Teilnehmer vergessen.

 

November 2015

Musikalischer Leckerbissen für das Publikum

Der Kirchenchor St. Johannes der Täufer aus Lammersdorf glänzt zum 140-jährigen Bestehen gleich zweimal mit Werken von Antonio Vivaldi.

Von Günther Sander

Lammersdorf. Zum 140-jährigen Bestehen durfte es ruhig etwas mehr sein, um den Geburtstagsgästen Freude zu bereiten. Diesen Überlegungen war der Kirchenchor St. Johannes der Täufer aus Lammersdorf gefolgt. Er wollte am Samstag und am Sonntag mit kirchenmusikalischen Konzerten der besonderen Art den Besuchern gleich zweimal einen Hörgenuss bieten.

Für die Aufführungen in der Pfarrkirche hatte Chorleiterin Gabriele Scheidweiler-Pleines den Komponisten Antonio Vivaldi auserkoren. Mit ihm verbindet man „Die vier Jahreszeiten“sein wohl bekanntestes Werk. Aber geistliche Musik? Die verbindet kaum jemand mit Vivaldi. Es gibt aber eine umfangreiche Sammlung von Messesätzen, Kantaten und Motetten.

Das war auch der Chorleiterin bekannt. „Ich bin immer auf der Suche. So kam es, dass wir nach dem Konzert 2013 mit zeitgenössischer Musik nun wieder etwas Barockes anpacken wollten“, sagt sie. Vivaldis Musik sei voller Energie und Abwechslung. „Es ist eine gute Wahl, die getroffen wurde“, glaubt sie. Und weil beim letzten Konzert das Gotteshaus die Besucher nicht alle fassen konnte, habe man sich für zwei Aufführungen entschieden, erklärt die Chorleiterin.

Für die Gestaltung der Festkonzerte konnte der gastgebende Chor zur Verstärkung ein Instrumentalensemble sowie Gesangssolisten (Milena Knauß, Sopran; Maria-Eunju Park, Sopran; AliceLackner, Alt) der Musikhochschule Köln (StandortAachen) gewinnen. Über das Kulturagentenprogramm der Städteregion sei man auf die willkommene Verstärkung aufmerksam geworden, erklärt Scheidweiler-Pleines. Seit Ende 2014 probten der Chor, die Solisten und das Instrumentalensemble gemeinsam.

Die Anstrengungen trugen Früchte, wie sich im Verlaufe der beiden Konzerte herausstellte, zu denen der Vorsitzende, Hans Roßkamp, die Besucher herzlich willkommen hieß. Hedwig Dercks sprach einführende Worte zu den Werken Vivaldis.

Ein erhabener Auftakt war das „Credo“. Besonders das „Et in Carnatus est“ und das „Crucifixus“ wurden durch eigene Vertonungen hervorgehobenein vielversprechender Beginn.

Nach der kompakten, kraftvollen Chorkomposition ertönte das Flötenkonzert „La Notte“ (Die Nacht) in vier Sätzen, das harmonisch vom gesamten Ensemble hervorragend intoniert wurde. Solist Ingo Pleines (Flöte) überzeugte mit meisterlichem Spiel. Hier zeigte sich das Talent Vivaldis, lebendige Bilder und Szenen musikalisch zu schildern.

Beim „Magnificat“ (elf Sätze) wurden die Chorsätze durch eine fesselnde Thematik betont, besonders im „Et misericordia eius“. Die drei Gesangssolistinnen brillierten mit herrlichen, klaren Stimmen.

Das„Gloria“, wohl das bekannteste und bedeutendste kirchenmusikalische Werk des venezianischen Meisters, war keine leichte Aufgabe für das gesamte Ensemble, das aber auch hier zu glänzen wusste. Die Handschrift der engagierten Chorleiterin wurde hier besonders spürbar.

Am Ende gab es als Dank für die großartige Leistung von Chor, Instrumentalensemble, Gesangssolisten und der Chorleiterin den verdienten Beifall des Publikums. Dem Jubiläumschor war ein großer Wurf gelungen. Beim anschließenden gemütlichen Beisammensein war das „musikalische Ereignis“ lange noch Gesprächsstoff, von allen Seiten gab es Lob und Anerkennung.

 

 

Mai 2014

Lea Pleines erobert die Herzen der Zuhörer

Kirchenmusikalische Matinee in St. Johannes wird zur Sternstunde. Der gastgebende Chor lässt eine beeindruckende Klangschönheit und Flexibilität hören. Insbesondere die Solisten an Flöte und Harfe überzeugen das Publikum.

Lammersdorf. Der Kirchenchor St. Johannes in Lammersdorf hatte zu einer Matinee zum „Kantatensonntag“ eingeladen. Diese Bezeichnung – vielleicht nicht allen der zahlreichen Besucher vertraut – bezieht sich auf den Eingangsvers von Psalm 98, der an diesem Tag für den Gottesdienst vorgesehenen Liturgie: „Singt dem Herrn ein neues Lied“.

In der lateinischen Form: „Cantate Domino canticum novum“ stand dieser Vers am Anfang und am Ende dieser musikalisch sehr anrührenden Stunde. Neben dem Chor traten auch einzelne seiner Mitglieder mit glänzenden solistischen Leistungen hervor, so dass sich ein musikalisch wie spirituell überzeugend-lebendiges Ganzes ergab.

Die vier Chorsätze, welche die Matinee strukturierten, ließen zum wiederholten Male die außerordentliche Qualität hörbar werden, die der Lammersdorfer Kirchenchor unter der Leitung von Gabriele Scheidweiler-Pleines mittlerweile erreicht hat.

Dabei stellten schon die beiden „Cantate“-Chöre der zeitgenössischen Komponisten Vytautas Miškinis und Colin Mawby keineswegs musikalische „Hausmannskost“ dar. Ebenso wenig das „Alleluia“ des jüngeren Zeitgenossen Eric Whitacre und der Psalm 100 von Felix Mendelssohn-Bartholdy.Der Chor ließ hierbei eine Klangschönheit und Flexibilität hören, die weit über ein in solchem Zusammenhang erwartbares Maß hinausging und einfach begeisterte.

Eine Überraschung stellte die Solo-Darbietung des jüngsten Chormitglieds dar. Die Besucher des Konzerts wunderten sich wohl bereits vor Beginn über eine große Konzertharfe, die im Chorraum der Kirche aufgestellt war. Lea Pleines, das erwähnte jüngste Mitglied des Chores, ließ darauf drei Stücke erklingen, mit denen sie im Wettbewerb „Jugend musiziert“ unlängst Erfolg hatte. Und auch in der Lammersdorfer Kirche flogen ihr die Herzen zu, vor allem, als sie das wunderschöne „Andantino espressivo“ von Giovanni Battista Pescetti präzise und ausdrucksvoll zu Gehör brachte.

Als Flötensolist trat Ingo Pleines mit einer Suite in D-Dur von Michel de La Barre hervor. Begleitet von Gabriele Scheidweiler-Pleines (am elektronischen Cembalo) spielte er eindrucksvoll und musikalisch genau strukturiert. Er wirkte als Flötensolist auch mit in der Kantate „Ew‘ge Quelle, milder Strom“, die Georg Philipp Telemann ebenfalls für den Sonntag „Cantate“ komponierte. Hier konnte mit Gaby Roßkamp ein weiteres Mitglied des Chores solistisch glänzen.

Den Bach-Zeitgenossen Telemann hatte man lange Zeit sehr unterschätzt und beinahe vergessen. Seit einiger Zeit kommen seine Werke wieder zum Vorschein, und man staunt über die Vielseitigkeit und Tiefe dieser Musik. Die Darbietung der Lammersdorfer Musiker konnte dies nur bestätigen. Es war faszinierend, wie die Musik auch einen vielleicht nicht in allen Wendungen nachvollziehbaren Text „durchtragen“ kann. Und gerade die Interpretation von Gaby Roßkamp schaffte dies mit einer sehr tragfähigen, gut geführten und vor allem in den tiefen Lagen sehr markanten Stimme, der man durchaus einen professionellen Weg zutrauen würde.

Der Vorsitzende des Kirchenchores, Hans Roßkamp, dankte den Besuchern, dass sie – trotz eines Wetters, das eher zu einer Wanderung angeregt hätte – doch so zahlreich in die Lammersdorfer Kirche gekommen waren. Die Zuhörer hatten dies aber keinesfalls bereut und waren ihrerseits dankbar, eine kleine Sternstunde erlebt zu haben.(js)

 

April 2014

Von tröstender Sanftmut erfüllt

Bewegende kirchenmusikalische Andacht am Karfreitag in Lammersdorf

Lammersdorf. Die kirchenmusikalische Andacht, zu dem der Kirchenchor St. Johannes Lammersdorf am Karfreitag eingeladen hatte, konnte einen starken Besuch verzeichnen. Sicher hatten viele Zuhörer noch das Erlebnis des Konzerts im vergangenen Herbst im Ohr, aus dessen Programm einige der schon damals erklungenen Werke englischer zeitgenössischer Komponisten wiederholt wurden.

Im Zentrum stand das im Jahre 2010 uraufgeführte Requiem von Bob Chilcott. Dieser im Jahre 1955 geborene Musiker ist einer der meistgespielten Komponisten von geistlicher Chormusik weltweit. Es handelt sich dabei zwar um „zeitgenössische“ Musik, aber doch um eine solche, der es darum zu tun ist, für Ausführende wie auch für Zuhörer unmittelbar zugänglich zu sein. Dies mag besonders bei einem Requiem ein spirituelles Problem sein, da es sich hier um besonders tiefgehende Inhalte wie Tod und ewiges Leben handelt, die die Zuhörer schon von sich her sehr bewegen. Die Komponisten seit Mozart haben sich mit diesen liturgischen Texten denn auch besonders intensiv und mit steigend spürbarer Emotionalität (Berlioz, Verdi) befaßt.

Auch Chilcotts Requiem steht in dieser Reihe. Er hat bereits als Knaben-Solosopran an Aufführungen und Plattenaufnahmen gerade dieses Werks mitgewirkt. Es mag ihn schon damals bewegt haben, dass das berühmte und zur Requiem-Vorlage eigentlich dazu gehörende „Dies irae“ (die bedrohliche und warnende Schilderung von Gericht und Strafe im Jenseits) den Zweck eines Trostes angesichts des Todes wohl wenig erfüllt und genau deswegen von Fauré weggelassen wurde. Bei Chilcott ist dies nun ebenso der Fall, und man möchte beinahe in seinem „Sanctus“ einen gezielten Gegenakzent dazu sehen, wenn dort mit einer rhythmisch außerordentlich bewegten Musik gerade die Lebendigkeit und Freude eines Lebens in und mit Gott dargestellt wird. Überhaupt ist Chilcotts Requiem grundsätzlich von einer gleichsam einladenden, tröstenden Sanftheit erfüllt, was sich exemplarisch in dem Satz „Pie Jesu“ für Solosopran zeigt.

Chor mit Reife und Präzision

Dies gibt gleich Anlass, auf die Leistung der Mitwirkenden einzugehen, denen man durchweg Erstaunliches attestieren muss. Schon der allererste Einsatz des Lammersdorfer Kirchenchores in dem kurzen Einleitungsstück „God so loved the world“ von Chilcott überraschte den Hörer mit einer Reife und Präzision, die an einen professionellen Chor denken ließ. Dies zog sich durch das ganze Konzert; allenfalls konnte man den Eindruck haben, das die Akustik der Lammersdorfer Kirche der Substanz des Chores manchmal nicht ganz standhielt. In dem genannten einleitenden Stück trat auch schon die wunderbare junge Sopranistin Mareike Müller auf, die, wie schon erwähnt, auch im Requiem an mehreren Stellen zum Zuge kam. Die Klangschönheit und Sicherheit dieser Stimme war bemerkenswert. Das gleiche gilt, vielleicht in noch höherem Maße, von dem Tenor Q-Won Han, bei dessen Gesang man zwischendurch deutlich an die renommiertesten Größen der Zunft gemahnt wurde. Eine kleine Gruppe aus Bläsern und Schlagzeug nebst Orgel vervollständigte ein Ensemble, das unter der bewährten Leitung von Gabriele Scheidweiler-Pleines den Zuhörern einen intensiven musikalischen Karfreitag-Nachmittag bescherte.

Man muss der Dirigentin ein besonderes Kompliment abstatten, einmal dafür, den Lammersdorfer Kirchenchor zu dem heutigen Niveau geführt zu haben sowie für die ausgesuchte Gestaltung und Besetzung dieses besonderen Konzerterlebnisses.

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